Wir sind ein neues Bündnis, das sich für einen (queer)feministischen Kampftag ohne Antisemitismus, Rassismus und Transfeindlichkeit zusammengefunden hat. Geht am 8. März mit uns auf die Straße! Gegen selektiven Feminismus – universelle feministische Solidarität jetzt!
Während jeden dritten Tag in Deutschland ein Mann einen Femizid begeht, sind Frauenhäuser unterfinanziert, überfüllt und müssen Schutzsuchende regelmäßig abweisen. Noch immer gelten mit § 218 Schwangerschaftsabbrüche als Straftat. Dazu blockiert der Justizminister (FDP) aktiv die gemeinsame Definition von „Vergewaltigung“ auf EU-Ebene. Frauen verdienen weiterhin 18 Prozent weniger als Männer und Alleinerziehende werden weiterhin in Armut gedrängt. Frauen und queere Menschen in Afghanistan, Iran sowie Jesid*innen und Kurd*innen warten weiterhin auf die angekündigte feministische Außenpolitik.
Zudem macht die Ampel lieber regenbogenfarbene Symbolpolitik, statt ein Selbstbestimmungsgesetz zu beschließen, das diskriminierungsfrei und gleichberechtigt allen, auch trans, inter und nicht binären Menschen, geschlechtliche Mündigkeit garantiert.
Bürgerlich-konservative Medien, verschwörungsgläubige Schwurbler*innen, christliche Fundamentalist*innen und Rechtsradikale führen gemeinsam einen Kulturkampf, der trans Frauen zur größten Gefahr der Menschheit erklärt hat. Queerfeindliche Gewalt nimmt in den letzten Jahren stark zu. Doch anstatt solidarisch Seite an Seite zu stehen, gibt es selbst ernannte „Feministinnen“, die zusammen mit reaktionären Kräften transfeindliche Propaganda verbreiten.
Antifeminismus gehört zum Grundsatzprogramm der AfD und faschistische Gruppierungen wie die Junge Alternative oder die Identitäre Bewegung bedienen mit ihrer Propaganda gezielt misogyne Ressentiments und versprechen gekränkten Männern eine „Resouveränisierung“ und patriarchale Vorherrschaft. Junge Männer identifizieren sich politisch zunehmend als rechts und verherrlichen Maskulismus und Misogynie. FLINTA*, die z.B. behindert, rassifiziert, arm, alleinerziehend, Sexarbeiter*in, jüdisch, muslimisch, obdachlos und/oder chronisch krank sind, stehen dieser Gewalt und strukturellen Diskriminierung besonders schutzlos gegenüber. Dazu wählt rund ein Fünftel der Deutschen eine extrem rechte Partei, die auf Geheimtreffen mit Neo-Nazis und Mitgliedern der CDU ethnische Säuberungen und die Deportation von Millionen Menschen plant. Putin und sein patriarchales queerfeindliches Regime führen einen imperialistischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Es bleibt also leider weiterhin notwendig, unseren Protest auf die Straße zu tragen, um gegen die weltweite strukturelle Unterdrückung von Frauen, Queers und allen, die sich außerhalb der endo-cis-heteronormativen patriarchalen Geschlechterordnung bewegen, zu kämpfen.
Doch leider artikulieren sich linke Antworten auf diese globalen Krisen zunehmend autoritär: Stalinistische, maoistische und trotzkistische Gruppierungen rekrutieren bundesweit junge Linke und liefern verkürzte Antworten als einfache und schnelle Lösung für komplexe Probleme. Das Geschlechterverhältnis gilt hier
als lästiger Nebenwiderspruch, der in den autoritären Dogmen dieser Gruppen keinen Platz findet.
Wir wollen aber eine universelle feministische Solidarität, die jede Form der Diskriminierung ernst nimmt und gegen sie einsteht! Wir begreifen uns als (queer)feministisch, antisemitismus-, rassismus- und islamismuskritisch, antifaschistisch und antikapitalistisch. Aus dieser Perspektive heraus sind wir von weiten Teilen selbsternannter „Linker“ und „Feminist*innen“ bitter enttäuscht.
Denn: dieser universelle Anspruch ist hier kein Konsens – vor allem, wenn es um Juden_Jüdinnen geht.
Seit dem antisemitischen Massaker des 07. Oktober eskalieren die autoritären und antisemitischen Entwicklungen in vermeintlich progressiven Kreisen. Struktureller Antisemitismus und Hass auf den jüdischen Staat Israel sind innerhalb der Linken leider nichts Neues – das Ausmaß, in dem sich momentan offener Hass auf Juden_Jüdinnen zeigt, hat jedoch eine neue Dimension erreicht: Selbsternannte Feminist*innen oder Kommunist*innen relativieren das Massaker der Hamas oder feiern es gar als Akt des legitimen Widerstands. Sie zweifeln nicht allein die zahlreichen Berichte über die sexualisierte Gewalt an, sondern verlangen von Opfern sexualisierter Gewalt „Beweise“, obwohl sie sonst laut „glaubt den Frauen“ schreien. Dass die Aussagen von Betroffenen sexualisierter Gewalt als niederträchtige Lüge abgetan werden, erwarten wir vielleicht von Rammstein-Fans – nicht jedoch von feministischen Aktivist*innen, die seit Jahren die internationalistische 8. März Demo in Berlin organisieren. Das ist antifeministisches Verschwörungsdenken und die konkrete Absage an eine befreite Gesellschaft. Für die notwendige Solidarität mit der Zivilbevölkerung Gazas, die sich in einer unvorstellbaren humanitären Katastrophe befindet, braucht es diesen Antisemitismus in keiner Weise.
Es entsetzt uns, dass Teile der radikalen und feministischen Linken nicht in der Lage sein wollen, Islamismus als das zu begreifen, was er ist: eine faschistische, antimoderne, patriarchale und imperialistische Ideologie, die jeder emanzipatorischen Kritik grundlegend gegenübersteht. Ihn zu relativieren oder gar zu verherrlichen heißt, sich mit Juden_Jüdinnen zu entsolidarisieren und ist zugleich eine Absage an die Solidarität mit jenen, die dieser Ideologie ausgesetzt sind: Kurd*innen, Jesid*innen, Afghan*innen, Iraner*innen und allen Muslim*innen, die sich nicht rigiden islamistischen Wertevorstellungen unterwerfen wollen.
Gleichzeitig beobachten wir, wie Politik und weite Teile der Medienlandschaft muslimische Menschen unter Generalverdacht stellen. Wir stellen uns gegen die Abschiebung, Ausgrenzung, staatliche Repression und Stigmatisierung einzelner Bevölkerungsgruppen und lehnen sie als rassistische Rhetoriken und Praktiken ab! Das sind keine Maßnahmen gegen Antisemitismus und Islamismus, sie instrumentalisieren lediglich die Sorgen von Antisemitismus- und Islamismus-Betroffenen.
Deutschland als postnazistischer Staat lässt wieder seinem Rassismus freien Lauf und will sich gleichzeitig eine wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit mit dem Iran und der Türkei nicht nehmen lassen. Seinen Antisemitismus allerdings will Deutschland gern anderen in die Schuhe schieben. Doch wir können den Antisemitismus in Deutschland nicht ohne die deutsche Ideologie begreifen, die den Nationalsozialismus und die industrielle Massenvernichtung von Juden_Jüdinnen hervorbrachte. Deutschland hat sich jahrzehntelange verweigert, ihn konsequent aufzuarbeiten. Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, er ist nicht eingewandert!
Leider sehen wir, dass viele Linke und (queer-)Feminist*innen nicht gewillt sind, diese Widersprüche und Gleichzeitigkeiten auszuhalten. Stattdessen berufen sich immer mehr auf vereinfachte Freund-Feind-Schema: Viele weigern sich aktiv, Antisemitismus in seiner Gänze überhaupt verstehen zu wollen und sich mit eigenen Vorurteilen und Doppelstandards auseinanderzusetzen.
Doch wir sehen Selbstkritik, Mut zur Unsicherheit und Dazu-Lernen-Wollen als Grundlage, um gemeinsam für ein gutes Leben für alle kämpfen zu können.
Eine Linke, die nicht für eine befreite Gesellschaft für alle kämpft, ist nicht unsere Linke.
Ein Feminismus, der selektiert und instrumentalisiert, ist kein echter Feminismus.
Deshalb wollen wir einen anderen 8. März. Lasst uns für universelle feministische Solidarität auf die Straße gehen!