Die ersten Monate des Jahres 2023 waren geprägt von intensiver Planungsarbeit. Zum einen wurden die Proteste gegen den AlQuds-Marsch im April geplant, bis dieser erneut kurzfristig abgesagt wurde. Zum anderen veröffentlichten wir im Kontext der Anti-AlQuds-Mobilisierung unsere Broschüre „Widerspruch & Ausblicke“. Diese fasste unsere Kritik an regressiven Tendenzen in der deutschen Linken, die Solidarität mit den Protesten im Iran und einen Blick auf die Entwicklungen in Israel zusammen und wurde bundesweit verschickt. Die erste Auflage war schnell vergriffen. Inzwischen ist sie online abrufbar. Eine zweite aktualisierte Auflage ist derzeit in Planung.
Wir beteiligten uns zudem im Januar an der traditionellen Pankower Lichterkette zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, im Februar an einer Kundgebung der Iranischen Opposition, verschiedenen Veranstaltungen zum 8. März und im Mai am Protest gegen den Auftritt des Antisemiten Roger Waters in der Mercedes-Benz-Arena. Für die „Reclaim Antifa“-Kundgebung im Mai in Leipzig, die sich gegen antisemitische Strömungen in der Linken richtete, verfassten wir ein Grußwort.
Im April und Mai veranstalteten wir bereits zum achten Mal eine kleine Veranstaltungsreihe zur Befreiung Pankows, mit einem Rundgang zur Geschichte der Schönholzer Heide und einer Lesung mit den Autoren des Buches „Phantastische Gesellschaft“ im Hof des Buchladens zur schwankenden Weltkugel. Die Thematik des Buches – erfundene jüdische Identitäten im deutschen Gedenkdiskurs – sollte mit der Debatte um Fabian Wolff im späteren Jahr eine erstaunliche Aktualität bekommen.
In der zweiten Jahreshälfte beschäftigten wir uns vermehrt mit der neonazistischen Organisierung in Pankow – den Aktionsversuchen des „III. Weg“ in Zentralpankow und Weißensee sowie rechten Sprühern in Blankenburg. Deren Propaganda und Transparente wurden meist schnell wieder entfernt.
Anfang September starteten wir eine Plakatkampagne zur Unterstützung der Opposition im Iran. Auf den inzwischen sieben Motiven wurde ermordeten Protestierenden gedacht, die Freilassung von Inhaftierten gefordert und allgemeine Infos und Links zum weiterlesen bereitgestellt. Mehr als 1.000 Plakate wurden inwischen an vielen Stellen in Berlin verklebt.
Mit dem Überfall der Hamas und ihrer Verbündeten auf Kibbutzim und einen Rave im Süden Israels mit über 1.200 Toten und 240 Verschleppten und dem folgenden Krieg Israels gegen die Hamas begann eine massive Mobilisierung antiisraelischer und zu einem guten Teil antisemitischer Akteure in Berlin. Neben fast täglichen Demonstrationen kam es dabei auch zu Angriffen auf jüdische Einrichtungen. Wir setzten uns in Bündnissen zusammen, beteiligten uns an (Gegen)Kundgebungen und organisierten am 29. Oktober mit anderen zusammen eine Kundgebung mit dem Titel „Gegen jeden Antisemitismus und Islamismus“, die die Leerstelle – eine linke israelsolidarische Position, deren Feminismus nicht bei jüdischen Frauen aufhört und die rassistische und nationalistische Töne im deutschen Diskurs in ihre Kritik mit einbezieht – schließen sollte.
Die restlichen Kapazitäten unserer Gruppe wurden in die Vorbereitung der Gedenkaktivitäten zum Jahrestag der Novemberpogrome in Moabit investiert. Zusammen mit den anderen Bündnisgruppen erstellten wir eine Broschüre und führten die Gedenkkundgebung und anschließende Demonstration durch, die aufgrund der politischen Lage unter einer größeren Gefährdungslage stand.
Auch an der Protestdemonstration gegen die Verschärfung des europäischen Asylrechts nahmen wir teil.
Unser Solitresen in der ZGK Scharni startete im Januar und fand bis Juni monatlich statt. Dabei wurde neben unserer Broschüre auch die Arbeit der Initiative … vorgestellt, die Prozesse gegen IS-Rückkehrerinnen beobachtet und diese unter feministischen Gesichtspunkten analysiert. Auch die Autorin Heide Lutosch stellte ihr Buch „Kinder haben“ vor, das sich den Schwierigkeiten einer linken Perspektive auf Elternschaft – und vor allem Mutterschaft – widmet. Die drei Solitresen von September bis November wurden mit einem Kneipenquiz zu „Pop, Politik und Pankow“ eingeleitet, gefolgt von einer Diskussion mit den Herausgebern des Buches „Judenhass underground“ und einem Vortrag zum Iran und schiitischem Islam.
In verschiedenen Statements über das Jahr verteilt kritisierten wir die erneute antizionistische Unterwanderung des Hanau-Gedenkens durch „rote Gruppen“, thematisierten einen mutmaßlich rassistischen Brandanschlag in Blankenburg, besprachen den Zustand, dass an jedem dritten Tag in Deutschland ein Femizid stattfindet, sowie erklärten unsere Solidarität mit dem iranischen Exil-Oppositionellen Kazem Moussavi und anderen vom Regime bedrohten Aktivist*innen.